Besondere Grafikstile in Videospielen - Teil 2

Besondere Grafikstile in Videospielen - Teil 2

Besondere Grafikstile in Videospielen

Übersicht:

Vorwort
Teil 1: Von SNES bis N64
Teil 2: Von Gamecube bis Wii
Teil 3: Von Gegenwart und Zukunft

 

Cel-Shading und The Wind Waker

Nicht immer werden außergewöhnliche Grafikstile von allen gut aufgenommen. Bei einem ganz bestimmten Spiel polarisierte die grafische Umsetzung die Fan-Gemeinde. Bei diesem Titel handelt es sich um The Legend of Zelda: The Wind Waker.

Schuld daran ist eine Technik-Demo, die im Jahr 2000 bei der Space World-Ausstellung gezeigt wurde. Diese zeigte ein Duell zwischen einem realitätsnahen, erwachsenen Link und Ganondorf und sollte die technischen Möglichkeiten des Nintendo Gamecube demonstrieren. Als dann 2001 erste Bilder des neuen Zelda-Titels gezeigt wurden, waren die Fans enttäuscht. Statt dem erwarteten Realismus sah man einen Chibi-Link mit Katzenaugen. Nintendo meinte man wolle mit dem neuen Look eine größere Zielgruppe erreichen. Das sogenannte Celda wurde als kindisch abgestempelt. Auch der Ritt auf dem Wasser statt auf dem Pferd schien weniger zu begeistern.

Wer das Spiel jedoch eines zweiten Blickes gewürdigt hat, dürfte erkennen, dass der Cel-Shading Look durchaus Sinn macht. Der Realismus von Twilight Princess (ebenfalls für Gamecube erschienen) könnte in einem Remake in zehn Jahren ein grafisches Lifting benötigen. The Wind Waker hat hingegen mit seinem Stil die Möglichkeiten des Spielewürfels optimal genutzt. Models und Texturen vermitteln den Eindruck eines handgezeichneten Cartoons und könnten auch mit optimierter Technik nicht unbedingt besser umgesetzt werden. Außerdem war Wasser ein integraler Bestandteil der Spielwelt. Realistische Animationen von Wellenbewegungen gelten auch heute noch als Herausforderung für jeden 3D-Animator, doch mit dem flächigen Stil konnte man dieses Problem gut „umschiffen“.

Außerdem erzählt The Wind Waker nicht nur über die erneute Rückkehr Ganondorfs. Wir erleben die Geschichte des jungen Link, der seine entführte Schwester Ayrill retten will. Auch seine Gefährtin Tetra ist nicht viel älter, obwohl sie die Führung über eine hartgesottene Piratencrew inne hat. Um die Gefühlswelt der jungen Protagonisten besser beschreiben zu können wählten die Entwickler die buntere Umgebung als Ausdrucksmittel, genauso wie die erdigen Farben die Welt des erwachsenen Link in Twilight Princess besser umschreiben konnten.

Der Cel-Shading-Look wurde mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Trotzdem wird Links neues Aussehen bis heute in vielen Zelda-Titeln verwendet, u.a. in The Minish Cap, Phantom Hourglass und Spirit Tracks. Auch hunderte anderer Spiele verwendeten diesen Stil. Umsetzungen von Zeichentrickserien und Animes waren prädestiniert für den flächigen Look, aber auch andere Spiele verwenden ihn, darunter auch „erwachsenere“ Titel wie Red Steel 2.

Weitere Titel: XIII (GCN), Okami (Wii), Red Steel 2 (Wii)

verfasst von: Benjamin A.

Project Rub – Das Profil deiner Traumfrau

Für den DS gibt es so viele Minispiel- sammlungen, dass man sie schon gar nicht mehr sehen kann. Sega scheint diese Welle schon sehr früh erkannt zu haben
und hat mit einem außergewöhnlichen Thema eine Präventiv-Maßnahme erschlossen. Der Titel verrät dabei schon alles, was man über das Spiel wissen muss: Denn im japanischen Original kann der Titel als Project Rub, aber auch als Project Love interpretiert werden. Sega spielt hierbei mit der englischen Transkription, denn die Japaner haben für "r" und "l" dieselben Schriftzeichen. In dem DS-Launch-Titel geht es also darum, mit dem Touch-Feature (und dem Mikrofon) die Anerkennung eurer Traumfrau zu gewinnen, wobei von skurrilen Bosskämpfen bis zu Liebespielchen mit der neuen Freundin alles vertreten ist.

Doch kann man das ideale Gesicht der Wunschpartnerin generell bestimmen? Natürlich nicht, allein die regionalen Vorlieben sind schon viel zu verschieden. Daher war es äußerst klug, dass diese Sammlung einen eigenen Look kreiert hat. Von der Angebeteten und den restlichen Protagonisten sieht man nur das Profil, wodurch die Idealvorstellung des Spielers (oder der Spielerin) nicht zerstört wird. Um den nötigen Kontrast zu erreichen wird der Hintergrund zwar nicht bunt, dafür aber hauptsächlich mit knalligem Orange verziert. Um die Hauptdarsteller vom Rest unterscheiden zu können haben sie einen eigenen Farbcode bekommen.

Dem Spiel wurde auch ein Editor hinzugefügt, in dem man der umworbenen Protagonistin freigeschaltete Kleidung verpassen kann. Da sie kein Gesicht hat, kann man sich hier schnell eine komplett andere Persönlichkeit hinein denken. Körpermaße kann man allerdings nicht verändern…

Die kranken Ideen und die gute technische Umsetzung führte dann zu dem DS-Nachfolger The Rub Rabbits. Den Profil-Look haben sie nicht abgelegt, genauso wenig wie den japanischen Humor – immerhin hört das Spiel in seinem Heimatland auf den Namen Akachan wa doko kara kuro no? (bedeutet in etwa: „Wo kommen die Babys her?“). Trotz technischer Verbesserungen – darunter auch ein Multiplayer-Modus – scheint es jedoch nicht so erfolgreich wie der Launch-Titel gewesen zu sein. Wahrscheinlich war der Stil doch nicht knallig genug, um aus der Minispielflut heraus zu leuchten...

Weitere Titel: The Rub Rabbits (DS), Just Dance (Wii)

verfasst von: Benjamin A.

Wario und die japanischen Cartoons

Wario hatte nach seinem ersten Auftritt eine regelrechte Erfolgssträhne. Er verdrängte mit seinem boshaftem Charme nicht nur seinen rotbemützten Rivalen aus seiner eigenen Super Mario Land-Serie, er konnte sogar drei weitere erfolgreiche Auftritte für den Handheld liefern. Doch nachdem er ins Minispielgeschäft einstieg, scheinen seine Jump’n’Run-Tage vorüber zu sein. Lediglich in Wario World ließ er sich zu einem kurzen 3D-Ausflug überreden.

Mit der Wii erlebten viele 2D-Hits eine Renaissance. So ließ es sich Captain Syrup nicht nehmen den Schatzjäger Wario zu reaktivieren und diesen zu einer Reise in die Schüttel-Dimension zu überreden. Die bisherigen Wario-Titel verfolgten eher einen klassischen Stil, der für die jeweilige Konsole üblich war. Doch Good Feel, die Firma hinter Wario Land: The Shake Dimension, begnügte sich nicht nur mit Warios Legendenbonus, sondern entschied sich auch für grafisches Neuland.

Dass es in Spielen handgezeichnete Anime-Sequenzen gibt, ist ja nichts neues, aber dass der reguläre Spielverlauf mit einem ähnlichen Aufwand als Sprites animiert wird, wäre für kleinere Firmen finanzieller Selbstmord. Doch die Sprite-Künstler ließen sich die Liebe zum Detail nicht nehmen. Bei jedem Screenshot könnte man meinen die Szene stammt aus einem japanischen Anime, und nicht aus einem Wii-Spiel. Solch aufwändige Grafiken findet man nur selten.

verfasst von: Benjamin A.

Retro-Stil in Mega Man 9

Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als ich 1994 in der guten alten TOTAL! erstmals von Mega Man X für SNES las und reichlich enttäuscht war: Kein Dr.Wily, keine Endgegner, deren Namen auf „Man“ enden...und vor allem: Keine NES-Technik mehr? Das konnte doch kein „echtes“ Mega Man-Spiel mehr sein, war ich mir damals sicher.

So skurril dies heute klingen mag, dies waren tatsächlich meine Gedanken. Rückblickend mag sich dies vielleicht dadurch erklären, dass Reihen wie Mario, Zelda oder Castlevania eine stetige grafische Evolution durchmachten – wer Super Mario Bros. mit SMB3 vergleicht, sieht sofort, was ich meine – während das Sprite des blauen Blechkumpels die ganze NES-Ära über dasselbe blieb und die Grafik auch sonst eher nur marginal verbessert wurde. Ich glaube nicht, dass ich der einzige an diese etablierte Optik gewöhnte Serienfan war, der von dem Stilbruch durch die damalige High-Tech-Power des SNES erst einmal „schockiert“ war.

Nachdem – parallel zur tatsächlich sehr gelungenen X-Saga – Mega Man 7 für SNES und Teil 8 für PSX erschienen, hatte wohl keiner damit gerechnet, 2008 einen neuen Serienteil in 8-Bit-Optik (als WiiWare-Download) vorgesetzt zu bekommen: Rockman war wieder der klassische Winz-Sprite, die regulären Endgegner kaum größer als er, Gegner- und Hintergrunddesign zelebrierten ebenso wie der Soundtrack hemmungslos die NES-Romantik – ja, sogar das berühmt-berüchtigte Flackern konnte hier optional zugeschaltet werden.

Aber die Wahl dieses Oldie-Grafikstils war im Fall von MM9 nicht nur eine exzentrische Wahl, sondern vielmehr auch ein Statement: Analog zur besseren Grafik wurden die späteren Mega Man-Teile auch einfacher – Teil 9 dagegen signalisierte dem altgedienten Serienfreund mit seinem Outfit sofort eines: Die Rückkehr zu den beinharten Wurzeln der Saga, frei nach dem Motto „schwer, aber fair“. Mit dem bewussten technischen Sprung rückwärts war somit untrennbar ein beachtlicher Satz nach vorne in Bezug auf spielerischen Anspruch verbunden.

Weitere Titel: Mega Man 10(WiiWare), Dark Void Zero (DSiWare), Retro Games Challenge (DS, nur US/JP)

verfasst von: Lukas

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verfasst von „Benjamin A.“

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Letzte Aktualisierung: 23.03.2011, 15:25 Uhr