10 Jahre GameCube - spielenswertes Teil 1

10 Jahre GameCube - spielenswertes Teil 1

Tales of Symphonia

Nur wenige Wochen nach dem großartig-selbstironischen RPG-Knaller Paper Mario: Die Legende vom Äonentor erschien mit Tales of Symphonia Ende 2004 ein Vertreter der ernsteren Rollenspiel-Gattung: Zwar mit sympathischen Japano-Helden und viel Situationskomik ausgestattet, aber auf der anderen Seite auch von einer für USK6-Verhältnisse recht heftigen, oft an reale, sehr dunkle Geschichtsepochen erinnernde Story um eine Welt im Verfall und die Armee der Desians, welche den Homo sapiens als minderwertig erachtet und Gefangene unter schrecklichen Bedingungen in sogenannte "Menschen-Farmen" einsperrt, geprägt...

Mit seinem animelastigen Cell-Shading-Look und den oft wunderschönen Musikuntermalungen wirkt ToS wie eine moderne Variante der 16Bit-RPG-Hits und versprüht auch einen ganz ähnlichen Charme, das Kampfsystem dagegen entfernt sich serientypisch stark von Final Fantasy und Konsorten, da der Battle Screen zwar von Oberwelt bzw. Dungeons getrennt wird, aber auch in jenem die volle Kontrolle über die Figur behalten werden darf; wenn hier geblockt, attackiert und Special Moves ausgelöst werden, offenbaren sich starke Action-Adventure-Einflüsse, vielleicht sogar eine entfernte Verwandschaft zum Beat-Em-Up. Besonderes Highlight: Während außerhalb vom Scharmützeln immer nur Spieler 1 die Bewegungen der (durch den momentanen Anführer symbolisierten) Party bestimmt, dürfen in den Actionszenen stets bis zu vier Kumpels gleichzeitig ran – und das gemeinsame Weltretten macht ähnlich viel Spaß wie einst in Secret of Mana!

Die Story gestaltet sich dabei wendungs- und variantenreich – auch wenn RPG-Veteranen einige Twists wohl vorhersehen werden, überraschen andere wieder durchaus und der vielstündige Feldzug gegen das Böse fühlt sich insgesamt richtig "groß" an (anders als im – keinesfalls üblen – Wii-Nachfolger Dawn of the new World, welcher ebenfalls überzeugen kann, aber bezüglich des Plotes in nicht ganz so epische Regionen vordringen kann und spielerisch teils, wie etwa durch das Wegfallen einer "richtigen" Oberwelt, etwas vereinfacht wurde). Schade, dass die Auflage, trotz Lokalisierung und Bewerbung durch Nintendo höchstselbst, nicht allzu groß gewesen sein durfte und dieser Cube-Leckerbissen schon einige Monate nach Release bei vielen Händlern nicht mehr zu finden war.

Baten Kaitos

Etwa ein halbes Jahr nach Tales of Symphonia wurde das nächste RPG-Epos auf europäische Spieler losgelassen, welches nicht nur aufgrund des sperrigen Untertitels Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean einen ganz eigenen Charakter besaß: Relativ statische, aber wunderschöne Renderings statt "echten" 3D-Umgebungen, exotisch-pittoreske Schauplätze wie die goldene Hauptstadt des Imperiums oder Mira, der Kontinent der Illusionen, welcher mit Scherenschnitt- oder Kuchendörfern sowie spontanten Ausflügen in 8Bit-Gefilde aufwarten konnte, und ein ungewöhnliches, kartenbasiertes Kampfsystem machten das Werk um geflügelte Menschen auf schwebenden Inseln einzigartig, guter bis phantastischer Soundtrack inklusive.

Wer das 2-Disc-Mammutwerk jedoch beginnt, sollte sich nicht zu rasch abschrecken lassen, wenn es sich um keine Liebe auf den ersten Blick handeln sollte (wie es auch beim Verfasser dieser Zeilen der Fall war): Die Story scheint anfangs klischeebeladen, der Hauptcharakter unsympathisch und das Kampfsystem zäh. Doch all dies bessert sich bald mehr und mehr – nachdem die Kämpfe nach ein paar Levelups viel dynamischer, vielschichter und bald richtig erfrischend und packend ablaufen, sich ab dem zweiten Kontinent die Schauwerte der Settings gegenseitig übertreffen, die Dungeons interessanter werden, die Party einem mehr und mehr ans Herz wächst und die Story später die unerwartesten Twists raushaut, muss sich der Spieler (erfreut) eingestehen, einen echten RPG-Hit vor sich zu haben!

Also lasst euch von den ersten paar, nicht allzu berauschenden Stunden auf keinen Fall ablenken, sonst entgeht euch eines der zauberhaftesten Cube-Abenteuer! Der leider nur in Übersee erschienene Nachfolger Baten Kaitos: Origins, welcher historisch 20 Jahre vor dem Serienerstling spielt, ist übrigens auch sehr zu empfehlen und bietet einen flotteren Einstieg, aber auch ein etwas weniger variantenreiches Kampfsystem und viel Geheimniskrämerei, wodurch der (interessante) Plot erst vergleichsweise spät wirklich Sinn ergibt, weshalb das Original immer noch knapp die Nase vorn hat. Besitzer eines Cube-Freeloaders oder eines Import-Würfels mit Vorliebe für RPGs sollten aber dennoch auch hier unbedingt zuschlagen!

Super Mario Sunshine

Manche halten Marios Game Cube-Abenteuer für die beste 3D-Episode ever, andere eher für die schwächste – zu Super Mario Sunshine gehen bis heute die Meinungen ziemlich auseinander. Vermutlich, weil die Insel-Expedition unseres Lieblingsklempners sich zwar einerseits am Klassiker Super Mario 64 orientiert, andererseits aber auch vieles anders macht.

So fällt etwa die Story nicht ganz so minimalistisch aus wie sonst – klar, der Plot mit der Ausgangssituation, dass ein böser Mario-Doppelgänger die idyllische Isla Delfino mit seltsam-schleimiger Farbe vollkritzelt, aus welcher seltsame Kreaturen steigen, erreicht keine epischen Ausmaße, aber sorgt doch für einige höchst amüsante Zwischensequenzen (u.a. landet der Installateur gleich zu Beginn des Spiels vor Gericht und hinter schwedischen Gardinen).

Auch wurde der Schwierigkeitsgrad gegenüber dem N64-Vorgänger spürbar erhöht, was gerade Veteranen Freude bereiten sollte – Herausforderung ist hier durchaus vorhanden! Weiters räumen die Entwickler den Endgegnern, welche in Marios erstem 3D-Abenteuer (abgesehen von den epischen Bowser-Fights) meist eher im Vorbeigehen bezwungen wurden, hier mehr Screentime ein – Duelle gegen Mutantenpflanzen, schwebende, hauchdünne Rochen oder eine clowneske, eher wenig gruselige Variante von König Buu Huu aus Luigi´s Mansion fallen ausladender und anspruchsvoller aus als früher. Und auch die Mario-untypische Wasserkanone F.L.U.D.D. alias Dreckweg 08/17 mit Jetpack-, Raketen- und Highspeed-Upgrades entpuppt sich bald nicht nur als praktisch, sondern sogar, so seltsam es klingen mag, als sympathischer Sidekick.

Was gibt es an SMS denn nun eigentlich zu bemängeln? Möglicherweise die Einschränkungen, die das Setting mit sich bringt – einerseits wird die tropische Isla Delfino, samt verwinkelter Hub-Stadt voller Geheimnisse, Urlaubsfeeling-Melodien und wunderschönen Wassereffekten gut rübergebracht, andererseits geraten die Settings dadurch, dass sich alle Welten an diesem Szenario orientieren, nicht mehr so extrem abwechslungsreich wie zu N64-Zeiten und fallen für Mario-Verhältnisse geradezu realistisch aus: Anstatt Wüstenpyramiden, das Innere einer riesigen Uhr oder Atlantis erforscht der Italiener hier idyllische Dörfer, einen ölverseuchten Hafen oder sonnige Strände, wodurch das "Wow, wie wird wohl die nächste Welt aussehen?"-Feeling eines Mario 64 nicht ganz erreicht wird. Anstatt sich zu verwandeln, ergattert Mario "lediglich" Upgrades für F.L.U.D.D.; statt satten 15 Kursen dürfen diesmal "nur" 7 Stück durchforstet werden. Und mit der Unzahl an blauen Münzen, von welchen jeweils 10 Exemplare gegen einen Stern (von welchen es wieder 120 gibt) eingetauscht werden können, haben die Entwickler auch ein wenig übertrieben – cooler wäre es gewesen, ein paar "normale" Sternenmissionen mehr einzubauen.

Kurz, SMS hat seine Fehler – aber es ist auch ein hervorragendes Spiel! Gameplay und Steuerung sind ausgezeichnet, die Atmosphäre einzigartig, Kapitel wie die Achterbahnfahrt inklusive Kampf gegen einen riesigen Bowser-Mech oder die Streifzüge durch das verwinkelte, geisterverseuchte Hotel bleiben im Gedächtnis und die großen, frei begehbaren Areale in Komination mit zusätzlichen schlauchartigen, aber äußerst anspruchsvollen Jump&Run-Abschnitten ergeben eine tolle Mischung, an dessen Facettenreichtum die beiden Galaxy-Teile, welche fast ausschließlich auf lineare Geschicklichkeitsstages setzen, nicht herankommen. Wer einen Game Cube hat und keine Jump&Run-Antipathie hegt, kommt an Super Mario Sunshine nicht vorbei!

The Legend of Zelda: The Wind Waker

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie irritiert ich damals von den ersten Bildern zum Cube-Zelda war: Ein viel zu bunter, unpassender Stil, so schien es mir. Doch als die Disk schließlich im heimischen Würfel-Laufwerk landen konnte, war ich froh, dass mir die Optik des Spiels letztendlich, abgesehen von wenigen Ausrutschern wie dem unsäglichen Jungen aus Links Heimatdorf, dessen Nase die ganze Handlung über lief, richtig gut gefiel: Atmosphärisch, dynamisch, passend zum Thema! Die von Ganondorf übernommene Piratenfestung "Verwunschene Bastion" mit patroullierenden, großartig animierten Moblins und tollen Licht- und Schatten-Spielereien, das offene Meer mit den optisch veranschaulichten, frischen Brisen, kreischenden Möwen, knarzenden Planken des eigenen Schiffes und einer großartigen Musik, die das Feeling des offenen Meeres so gut vermittelt wie kaum ein Spiel – rasch war ich überzeugt, dass für diese Seefahrer-Episode der cartoonhafte "Cell-Shading"-/"Toon-Rendering"-Look die beste Wahl war!

Ein riesiges Meer zum Entdecken, eine belebte Handelsinsel und Heimatorte fremdartiger Völker, ausgefeilte, optisch und designtechnisch tolle Tempel, eine wesentlich umfangreichere Story als zuvor und ein wunderbar gezeichneter Antagonist, der auch in seiner cartoonesken Form nichts von seiner Bedrohlichkeit einbüßt: Wer sich auf den Grafikstil einlassen kann, wird mit dem großartigen The Wind Waker viel und lange Spaß haben!

Doch ganz perfekt ist freilich auch dieser Titel nicht: Der direkte Vorgänger Majora´s Mask hat etwa in den Bereichen Sidequests und Dungeon-Design sehr hohe Messlatten gesetzt, welche das Cube-Sequel nicht ganz erreicht – an die unzähligen Nebenaufgaben, welche ebenso viele Geschichten über Nebenfiguren erzählen, und die enorm verwinkelten, anspruchsvollen Kerker aus dem N64-Titel kommt TWW nicht heran; insgesamt wurde der Schwierigkeitsgrad im Vergleich zu besagter Serienepisode auch wieder spürbar gesenkt. Und außerdem ist es ein offenes Geheimnis, dass im GCN-Zelda mehr Dungeons geplant waren, als es letztendlich ins Spiel geschafft haben – und anders als bei Ocarina of Time, wo der Sachverhalt ja ähnlich war, aber aufgrund des ohnehin schon sehr großen Umfangs nicht so sehr ins Gewicht viel, fällt es in Wind Waker schmerzlich auf, wenn Link eine grafisch großartig gestaltete, verfluchte Insel erreicht, welche im weiteren Spielverlauf dann aber so gut wie gar keine Rolle spielt: Ich verwette all meine Rubine darauf, dass genau dort ein Tempel eingeplant war!

Aber genug gemeckert: TWW ist ein wunderschönes Spiel; ein Zelda durch und durch mit vielen liebgewonnenen Spielelementen, aber auf der anderen Seite auch frisch und eigenständig. Sicherlich eines der Highlights für Game Cube.

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verfasst von „Redaktion“

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Letzte Aktualisierung: 06.05.2012, 12:18 Uhr