Spieletest: EarthBound SNES
Weitere Infos
Releasedate:1. Juni 1995


Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: Noch keine
Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- einzigartige Atmosphäre, viele Gags
- tolle Musik
- einsteigerfreundlich und doch komplex
- spielt sich wirklich gut...
- Negativ:
- ...wenn auch nicht besonders innovativ
- grafisch schon 1995 etwas anachronistisch
- Inventar/Item-Lagerung etwas unpraktisch
- Stil für manche sicher gewöhnungsbedürftig
Langsam, aber sicher trudeln die Übersee-Hits aus der SNES-Ära, welche uns armen Europäern dereinst vorenthalten wurden, nach und nach auch in der Alten Welt ein: So sind Final Fantasy 4 bis 6, Chrono Trigger und Super Mario RPG etwa schon vor geraumer Zeit als Virtual Console-Download, Handheld-Remake oder sogar als beides in unseren Gefilden erschienen. Doch ein großer Name fehlte für lange Zeit: EarthBound. Als, bereits nach langer Unsicherheit über einen westlichen Re-Release selbst bezüglich Amerika, wo das Modul Mitte der Neunziger sogar mit einer Big Box samt Spieleberater veröffentlicht wurde, Nintendo-Chef Iwata unlängst einen Erscheinungstermin für Ende des Jahres ankündigte, war die Fangemeinde aus dem Häuschen – nun wohl umso mehr, da Ness´ Abenteuer (in der englischsprachigen US-Fassung) überraschenderweise jetzt schon für einen knappen Zehner aus dem Wii U-eShop heruntergeladen werden kann. Wer Protagonist Ness dagegen bislang nur aus der Smash Bros.-Serien kennt, wird sich an dieser Stelle dagegen wohl vor allem eines fragen: Was soll an diesem nun schon 18 Jahre alten RPG denn so besonders sein...?
Psycho-Trip mit PSI-Kräften
Nun, grafische Opulenz ist es definitiv nicht: Schon 1995 beeindruckten die spärlich animierten und vergleichsweise winzigen Figuren während ihrer Reisen durch die Oberwelt und düstere Dungeons niemanden mehr; die Gegnersprites im Rahmen des gesonderten Kampfbildschirms können sich zwar nach wie vor sehen lassen, bleiben jedoch wie so oft in SNES-RPGs völlig starr und selbiger wirkt durch den Verzicht auf Darstellungen der Heldengruppe (vergleichbar mit den früheren Dragon Quest-Episoden) und psychadelische, Kaleidoskop-artige Farbenspiele anstatt eines Hintergrundes ohnehin ziemlich minimalistisch. Zwischen der Pixel-Pracht eines Final Fantasy 6 und dem damaligen „coming soon“-Titel Super Mario RPG mit fast schon Donkey Kong Country-mäßigem Renderlook wirkte EarthBound auf viele dereinst grafisch wohl fast schon wie ein Rudiment aus NES-Zeiten.
Keine Random Encounters – Danke!
Ist es das Gameplay? Nun, ja und nein: Damals wie heute ist Ness´ Abenteuer spielerisch ein hervorragendes Rollenspiel der alten Schule, das hier und da kleinere frische Akzente setzt: Der RPG-Ballast wird entschlackt, aber keinesfalls simplifiziert; die Dungeons zeigen sich überwiegend als angenehm verwinkelt und kommen nahezu nie als „Schlauchlevels“ daher. An Chrono Trigger, Lufia 2 oder Super Mario RPG erinnert der – äußerst angenehme – Umstand, dass Monster stets sichtbar sind und erst bei Berührung angreifen, anstatt in Herzkasperl-Manie alle paar Schritte aus dem Nichts hervorzuspringen und die Dungeon-Erkundung bisweilen ein mühsames Unterfangen werden zu lassen. Eine Messerspitze Action-Adventure wird hier auch insofern hinzugefügt, als dass es sich lohnt, sich von hinten an ein Monster heranzuschleichen, um einen Angriffsvorteil zu bekommen – aber Achtung, die Biester machen das Gleiche mit euch, wenn ihr nicht aufpasst! Und ebenfalls überaus praktisch: Kehrt ihr später als aufgepowerte Partie in das Gebiet von Low-Level-Monstern zurück, erklärt euch das Spiel bei Gegner-Kontakt im Falle eines mehr als ungleichen Kampfes automatisch zum Sieger! Ein alles überstrahlender Design-Geistesblitz bleibt allerdings aus.
Alles beim Alten?
Ähnliche Situation bei den Kämpfen: Das System ist gut und praktikabel designed, die Scharmützel sind spaßig, die „PSI-Kräfte“ genannten De-Facto-Zaubersprüche cool und nützlich (Nein, Gangnam Style steht leider nicht zur Auswahl – den Kollegen schreibt man mit „Y“!) und als kleiner Echtzeit-Twist der eigentlich rundenbasierten Gefechte lassen eingesteckte Gegner-Angriffe eure Lebenspunkte allmählich in Countdown-Manier abnehmen, anstatt den Schaden sofort komplett abzuziehen: So können sogar eigentlich tödliche Treffer abgemildert werden, indem der Team-Heiler den unglücklichen Kollegen verarztet, bevor seine HP Null erreichen, oder der Kampf einfach schnell genug gewonnen wird. Ansonsten wird sich jeder Freund von Japano-RPGs sofort heimisch fühlen: Ein tolles System nach bewährtem Strickmuster, aber nicht rasend innovativ – macht wirklich Spaß und rechtfertigt gemeinsam mit dem gelungenen Dungeon- und Stadt-Design klar auch heute noch eine gute Gameplay-Note, aber auch dieses nach wie vor flotte, flockige und fesselnde Spielprinzip ist – so wichtig es für das Gesamtpaket freilich auch sein mag – wohl nicht jener Aspekt, aufgrund dessen sich EarthBound so großer Beliebheit erfreut.