Was ich noch sagen wollte…

Was ich noch sagen wollte…

Heute: eShop-Aktionsangebote

Kolumne by Daniel

Es ist mal wieder so weit. Wer jüngst Nintendos neustes Angebot in den sozialen Medien wahrgenommen hat, kann sich sehr schnell vorstellen, was in den Kommentaren abgeht. Nintendo bietet nämlich auf über 700 Spielen für die Nintendo Switch bis zu 80% Rabatt. Man sollte an dieser Stelle meinen, dass gerade für die Weihnachtszeit dies ein guter Deal ist, um die eigene Softwarebibliothek aufzustocken.

Leider ist es heutzutage so, dass selbst bei den besten Angeboten die Häme nicht weit entfernt ist. Nicht wenige User in den sozialen Netzwerken sind (um es mal nett auszudrücken) schwer enttäuscht. Es sei nur „Indie-Schrott“ im Angebot und keine tollen hauseigenen Titel wie Super Smash Bros. und Co. Und überhaupt: Nintendo wolle nur abzocken. eShop-Titel sind stets zu teuer und im Fachmarkt ein Vielfaches billiger. Darüber hinaus sind diverse Titel dann auch noch als Retail im eigenen Bestand.

An dieser Stelle muss ich mal ein paar Lanzen brechen. Und ich erhoffe mir, dass einige das Vermarktungssystem besser verstehen. Gehen wir zunächst auf den Vorwurf des „Indie-Schrotts“ ein. Zugegeben, es gibt Titel die sind wirklich nicht gut. Durchaus ist in diesem Angebot ein Portfolio enthalten, dass ebenso aus dem Google Playstore stammen könnte. Irgendwelche Puzzlespiele kann man sich natürlich zulegen. Doch das ist nicht das Niveau, welches die Nintendo Switch repräsentiert. Auf solche Titel kann doch der Großteil der Endnutzer verzichten – zumindestens für eine Konsole.

Dann gibt es auch Titel, die zunächst interessant aussehen, sich dann aber schnell als herbe Enttäuschung herausstellen. Spontan kommt mir das Spiel Hollow in den Sinn. Der Titel spielt auf einem verlassenen Raumschiff, in welchem sich Aliens herumtummeln. Gespielt in der Ego-Perspektive und wirkt auf den ersten Blick wirklich spannend. Schlussendlich irrt man ziellos umher, die Steuerung ist mies und generell ödet das Spiel nur an. Holt man sich solche Titel, dann ist die Enttäuschung recht groß.

Gleichzeitig gibt es auch Indie-Titel, welche die Spielerfahrung bereichern. Gerade Indie-Titel trauen sich auch mal etwas, was sich große Publisher nicht mehr trauen. Habt Ihr schon einmal Infernium gespielt? Auch wenn es hier und da seine Schwächen hat, das Spielprinzip ist mal etwas ganz anderes.

Überhaupt können Indie-Titel auch richtige Zeitfresser zu einem sehr günstigen Preis sein. Wie war es denn früher? Früher hat man auf blauen Dunst 99,- DM für Mega Man III ausgegeben. Das sind grob umgerechnet 50,- EURO. Also ein Vollpreistitel! Und zu der Zeit war dieser Preis bedingt durch ein anderes Lohngefüge im Gegensatz zu heute eigentlich noch höher. Profis spielen dieses Spiel an nicht mal einen Vormittag durch. Bedeutet: Ein Vollpreistitel ist binnen kürzester Zeit abgearbeitet. Das dürfte sich kein großer Publisher bzw. Entwickler heute mehr wagen. Die Indies dürfen sich so etwas aber erlauben. Wir hatten Spaß mit Mega Man und es gibt durchaus auch Indie-Titel, die genauso viel Spaß machen. Man muss ihnen nur einmal die Chance geben. Ein Sale ist die beste Möglichkeit, sich da heranzutasten.

Doch kommen wir mal auf ein ganz anderen Aspekt zu sprechen:

Die Vermarktung

Nicht selten schlägt einem das Unverständnis entgegen, dass eShop-Titel viel teurer sind, als die Retail-Versionen. Und im ersten Augenblick ist dieses Unverständnis auch gerechtfertigt. Denn für das Speichermedium und für die Hülle fallen ja zusätzliche Kosten an. Das stimmt auch. Und warum ist die Situation so wie sie ist?

Stellt euch einmal folgende Situation vor:

Ihr seid ein Spielehändler. In verschiedenen Orten habt Ihr diverse Läden. Nun kommt Nintendo auf euch zu und möchte, dass Ihr ein Spiel als Vertrieb verkauft. Nintendo teilt euch mit, wie viel Geld sie für dieses Produkt haben wollen und nennt Euch gleichzeitig ein unverbindliche Preisempfehlung, mit der Ihr einen guten Gewinn erzielen könnt. Machen wir das an Mario Kart 8 Deluxe etwas plastischer: Nintendo möchte mindestens 35,- EURO für das Spiel haben und nennt die UVP von 60,- EURO. Ihr habt also eine Spanne von 25,- EURO, aus der Ihr eure Fixkosten bezahlt und einen Gewinn erzielt. Das Erzielen des Gewinns wäre nach eurer eigenen Kalkulation auch mit 50,- EURO möglich. Diese setzt Ihr auch an, damit der Endverbraucher das Spiel euch aus den Händen reißt. Doch bevor der Kunde dies tun kann, gilt es für euch, Ladenfläche für das Produkt freizumachen. Zusätzlich stellt Ihr vielleicht auch noch übergroße Pappaufsteller auf. Darüber hinaus müssen die Kunden wissen, dass das Spiel in eurem Laden zu erwerben ist. Das teilt Ihr durch Werbung mit. Und Werbung kostet Geld.

Ob nun TV-Werbespots, Prospekte für den Briefkasten: Ihr schaufelt Ressourcen frei, um Nintendo-Produkte zu bewerben. Das macht Ihr, damit der Kunde zu euch kommt. Jetzt stellt euch mal vor, wie Ihr Euch fühlen würdet, wenn Nintendo dauerhaft Mario Kart 8 Deluxe für 40,- Euro im eShop anbieten würde, nur weil es Downlaod ist. Ihr rechnet mit dem spitzen Bleistift, schaltet die Werbung… doch die meisten Kunden nehmen dann doch die eShop-Version, weil diese billiger ist. Würdet Ihr noch mit Nintendo kooperieren wollen? Würdet Ihr weiterhin Produkte bewerben?

Das ist der springende Punkt. Nintendo würde sich selbst ins eigene Fleisch schneiden. Klar, es gibt gelegentlich Sonderangebote zu hauseigenen Marken. Dies ist auch vertraglich zugesichert. Aber es gibt sie nur selten.

Diese Mechanismen sollte man wissen, bevor sich im WWW wieder über „Schrott-Angebote“ aufgeregt wird. Entwickler und Publisher sind nicht eure Freunde, sondern knallharte, gewinnorientierte Unternehmen. Sie haben auch eine Verantwortung gegenüber tausende von Mitarbeitern und Zulieferern, welche allesamt am Ende des Monats den Lohn für ihre Arbeit auf dem Konto finden möchten. Würde Nintendo nur die besten Titel als Angebote im eShop als Angebot reinstellen, dann wäre es geschäftsschädigend für alle. Für Nintendo, für Vertragspartner, aber auch für den Endverbraucher. Denn gute Indie-Titel hätten aufgrund der starken Konkurrenz kaum Relevanz und Triple-A-Spiele wären inflationär. Dies würde die Vielfalt und Diversität extrem einschränken.

verfasst von „ Daniel“

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Letzte Aktualisierung: 23.12.2019, 11:35 Uhr