[1.12.] Kurz-Kolumne: Von Zelda-Omas und Kirby-Kritikern

[1.12.] Kurz-Kolumne: Von Zelda-Omas und Kirby-Kritikern

„Gesellschaftliche Akzeptanz von Videospielen“ - als mir diese Worte heute aus welchen Gründen auch immer durch den Kopf schossen, hatte ich gleich eine Fülle von Assoziationen in demselben; genauer gesagt ein Spektrum, welches sich von einem Extrem ins andere spannt: Von dem unqualifizierten Geraunze eines Kollegen meines Vaters, welcher darüber stänkerte, dass Konsolen ohnehin nur Unsinn seien und der Super Nintendo seines Sohnes damals den Fernseher zerstört habe bis hin zur Eurocon 2009, einem Treffen Retrobegeisterter mit einem Altersschnitt von vielleicht 30 bis 40 Jahren, bei welchem man als mit dem NES aufgewachsener Spieler Anfang 20 bisweilen mit überraschten Kommentaren wie „Und du interessierst dich auch für Retrospiele...?“ bedacht wird. Von einem pädagogisch ach so wertvollen Adventskalender, welcher in einem Türchen einen Game Boy und ein Kind abbildet, welches mit der flachen Hand dem Handheld gegenüber „Stopp den Videospielen!“ signalisiert (warum nicht gleich mit zwei zu einem Kreuz geformten Zeigefingern?) bis zu diesem NFans-Kalender: Als begeisterter – und bekennender – Spieler erlebt man diesbezüglich so einiges, positiv wie negativ.

Und auch wenn man glaubt, alles gesehen und gehört zu haben, warten immer noch Überraschungen – so geschehen etwa, als mein Bruder während einer Zugfahrt ein GBA-Kirby spielte und prompt von einem unwirschen Mitreisenden angequatscht wurde. Der Typ: „Jaja, diese Spiele! Immer nur alles brutal abballern!“ - KingWart: „Das ist Kirby, der verschluckt Gegner einfach nur!“ - der Typ: „Na, da siehst du – ist ja ein noch schlimmerer Killer!“

Herrlich wiederum eine Erinnerung an den Dezember 2006, als die Wii gerade neu war und ich mir in der Trafik (für Nicht-Alpenländler: Sowas wie ein Kiosk) eine Zeitschrift mit dem Twilight Princess-Link auf dem Cover kaufte. Beim Bezahlen deutete eine alte Dame neben mir plötzlich begeistert auf das Bild und rief: „Der Zelda! Schauuu, der Zelda! Muss ich auch mal wieder spielen, der Zeeeelda!“ Ja, ja, gegen die weit verbreitete Link-Zelda-Legasthenie war auch sie nicht gefeit (der Samus ist ja auch ein Roboter, Pit laut Captain N „der Kid Icarus“ und Kirby der guten alten Fun Vision nach ein Vogel) – aber auch dies machte jenen Moment nicht weniger (es fällt mir einfach kein ebenso treffendes deutsches Wort ein) awesome: Schön zu sehen, dass es offenbar nicht nur die „Silver Gamer“ als spielende Generation 50+, sondern auch „Golden Gamer“ zu geben scheint – und diese sehr wohl über den Casual-Tellerrand hinausblicken.

Da frage ich mich schon desöfteren, wieso eigentlich in den Köpfen vieler Menschen immer noch die Gleichung „Videospiel = Teufelszeug“ verankert zu sein scheint. Dass es manche per se als kindisch und nicht ernstzunehmend, andere wiederum als gewalttätig und gefährlich auffassen. Warum? Ist Fußball nicht auch ein Spiel? Poker? Schach? Ist Film und Theater für die Akteure nicht ebenso nichts anderes als das Spiel, sich in eine andere Rolle in einem fiktiven Szenario zu versetzen? Als Erwachsener unfähig zu sein, sich einzugestehen, dass Spiele sehr wohl auch jenseits der Kindheit eine Rolle spielen – wenn etwas kindisch ist, dann das!

Ebenso unverständlich mutet aber freilich auch zweiteres Vorurteil, dass Videospiele stets primitiv und brutal sind, an; noch schlimmer die „Steigerung“, dass stumpf eine Ursache-Wirkung-Beziehung der Marke „Wer brutale Spiele spielt, schlägt auch im richtigen Leben zu“ angenommen wird. Gibt es wirklich so viele Leute, welche reißerische Artikel von BILD und Konsorten unreflektiert in sich aufsaugen, nie hinterfragen und ihr Handeln danach richten? Brrr, diese Vorstellung ist wahrlich angsteinflößender als jedes Horrorspiel...

Was können wir als Spieler gegen solche Verhältnisse tun, mit denen wir immer wieder konfrontiert werden? Nun, auf alle Fälle Gesprächspartner, welche die Materie verurteilen, ohne sich je wirklich mit ihr befasst zu haben, höflich, aber bestimmt darauf aufmerksam machen, was sie in ihren Ausführungen vereinfachen oder verfälschen – und sei es nur der Hinweis, dass eine Konsole unmöglich die Bildröhre eines Fernsehers zerstören kann.
Euer OldMacMario.

verfasst von „OldMacMario“

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Letzte Aktualisierung: 05.12.2010, 21:56 Uhr