Äußerst gelungene Mixtur aus Strategie und Rollenspiel mit einwandfreier Technik und fast schon literarischer Story. Unbedingt mal anspielen!
Spieletest: Fire Emblem: The Sacred Stones GBA
Weitere Infos
Releasedate:32. November 2005
Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: 1 Meinungen
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Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- geniale Athmosphäre
- tolle Optik
- musikalische Spitzenklasse
- hervorragendes Tutorial
- Negativ:
- seeehr viel Text
Manchmal ist es schon etwas seltsam, was in den Köpfen von Publishern oder auch der Product-Analysis-Abteilung von Nintendo vorgeht. Da gibt es beispielsweise Spiele, die in Fernost an der Spitze der Verkaufscharts stehen, groß und klein begeistern und sogar die westliche Fachpresse zum Jubeln bringen, aber trotzdem nicht den Sprung auf den europäischen Kontinent schaffen. Bei der Fire Emblem-Serie sah es auch schon danach aus, bis sich Big N 2004 dann endlich einen Ruck gab und einen ersten Teil auf dem GBA veröffentlichte. Wohlgemerkt waren schon bereits sieben Teile in Japan auf NES, SNES und GBA erschienen, bis westliche Spieler endlich mit Axt, Schwert, Lanze und Zaubersprüchen auf den Schlachtfeldern um sich werfen konnten.
Von der aufgehenden Sonne zu den Dichtern und Denkern
Nun, warum ist Fire Emblem in Japan so beliebt und warum schaffte die Serie den Sprung nach Europa erst im letzten Jahr? Diese Frage ist interessant und gleichsam schwer zu beantworten. Es handelt sich hierbei nämlich nicht um ein Hardcore-Anime, auch wenn die Einflüsse des japanischen Zeichenstils deutlich sind. Thematisch ist Fire Emblem ein Mix aus mittelalterlichen RPG und Strategiespiel mit mystischen Einflüssen, ohne dabei klare Grenzen zu stecken und mit der Fähigkeit, auch Menschen, die mit diesem Genre eigentlich nichts anfangen können, in die Sucht zu treiben.
Videospiel oder Lektüre oder beides?
Ein weiterer Vorteil für alle Fire Emblem-Einsteiger liegt darin, dass der Handlungsstrang der Serie nicht linear ist und somit keine Notwendigkeit besteht, die vorherigen Teile zu kennen, um in die Tiefen des Spiels und vor allem der Story abtauchen zu können. So befindet ihr euch bei The Sacred Stones auf dem Kontinent Magvel, auf dem sich verschiedene Völker und Königreiche das Land teilen. Seit Jahrhunderten herrscht Ruhe, die letzten großen Schlachten gegen den Dämonenkönig liegen 800 Jahre zurück und Satans Untertan samt Gefolgschaft wurde besiegt, in die heiligen Steine gesperrt und seitdem gemeinsam von allen Nationen bewacht. Doch was ist das? Ein treuer Verbündeter entwickelt sich plötzlich zu einem kriegstreiberischen Despoten und bringt Tod und Schande über den ganzen Kontinent. Höchste Zeit also für euch in die Schlacht zu ziehen, den Frieden zu veteidigen und vor allem den mysteriösen Zuständen auf den Grund zu gehen!
Von nun an seid ihr gefragt, an den verschiedenen Schauplätzen des Spiels (und das sind nicht gerade wenige) auf ritterliche Art und Weise für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Und die Hintergrundgeschichte, die sich auf den ersten Blick nach einer drittklassigen 08/15-Story anhört, wächst dabei in Windeseile zu einem gigantischen Epos mit unglaublich vielen Charakteren, Schauplätzen und Zusammenhängen, welche einen gekonnt mit dem GBA in der Hand in eine fremde Welt katapultiert. Andererseits muss man aber auch gewillt sein, sich dieser Textlast hinzugeben, denn die aneinandergereihten Schriftzeichen im Spiel füllen locker ein Buch. Und mal eben für 15 Minuten zocken, wie etwa bei "Advanced Wars" möglich, ist bei Fire Emblem eigentlich nicht drin.
Axt, Lanze, Schwert - ob zu Fuß oder mit Pferd
Kommen wir nun aber endlich zum eigentlichen Gameplay. Wie bereits erwähnt, werdet ihr durch die Story an die unterschiedlichsten Schauplätze gebracht, bei denen es verschiedene Ziele gibt. Oft müsst ihr alle Gegner einfach "nur" besiegen, manchmal müsst ihr aber auch einen bestimmten Punkt besetzen oder nur den Boss der gegnerischen Truppen bezwingen. Die gesamte Location ist dabei mit einer Art Drahtgitter überzogen und somit kariert, denn alle Figuren haben je nach Gattung und Rang nicht nur bestimmte Fähigkeiten sondern auch Reichweiten. Der Rittmeister zu Pferd kann somit beispielsweise einen weiter enfernten Gegner das Licht ausblasen als ein Ritter mit schwerer Rüstung, der nur per pedes unterwegs ist.
Das Kampfsystem ist wohl ein weiterer Garant für die Beliebtheit der Serie. Einsteigerfreundlich und simpel auf der einen Seite, aber auch komplex und strategisch sorgt es für angenehmes Grübeln im Taktikzentrum des Spielerhirns. Grundsätzlich gibt es zunächst drei verschiedene Waffen, nämlich Axt, Schwert und Lanze. Dabei ist es ratsam, die Waffenhierarchie im Kampf zu beachten, denn Schwert schlägt Axt, Lanze bezwingt Schwert und Axt wiederum trumpft gegen die Lanze. Dazu gibt es auch noch Kämpfer mit Pfeil und Bogen, die aus der Distanz angreifen können und somit nicht genau neben einem Gegner stehen müssen. Als dritte wichtige Gruppe existieren auch noch die Magier und Priester, welche mit diversen Zauberformeln ihrem Gegenüber das Dasein verkürzen können. Zudem können die unterschiedlichen Waffengattungen ja nach Spielverlauf und eingenommenem Budget auch noch aufgerüstet und sogar beim Schmied direkt optimiert werden.
Auf in den Kampf - aber nicht ohne Tutorial!
Wem das Ganze bis jetzt schon zu kompliziert vorkommt: nur Mut! Denn die Entwickler von Intelligent Systems haben ein wirklich geniales (optional zuschaltbares) Tutorial eingebaut, welches das Lesen einer gedruckten Anleitung fast schon überflüssig macht. Nahezu jedes, auch zunächst logisch oder nebensächlich erscheinende Detail wird erklärt, meiner Meinung nach ist dies sogar noch besser gelungen als jenes des aktuellen Fire Emblem-GameCube-Pendants.
Ein wichtiger und schöner Bestandteil der Fire Emblem-Serie war schon immer die beinahe familiäre Bindung, die der Spieler vor der Konsole mit den Charakteren auf dem Bildschirm einnimmt. Man befehligt schließlich keine anonymen Truppen durch die Gegend, sondern einzelne Charaktere, dessen persönliche Geschichte man im Spielverlauf kennen gelernt hat. So setzt man ab einer bestimmten Stufe alles taktische Geschick daran, einen kämpfenden Mitstreiter nicht durch eine Duselei auf der Strecke zu lassen, da die Figur von dort an unwiederbringlich verloren ist.
Ritterliches Spiel - mittelalterliche Technik?
Nein, ganz und gar nicht. Gerade die vielen Zwischensequenzen und das ganze Drumherum sind grafisch wunderschön in Szene gesetzt. Die einzelnen Spielfelder wirken zwar etwas klein und veraltet, was aber auch aufgrund des Hardware-bedingten kleinen Bildschirms ansonsten schwer zu handhaben wäre. Die Schauplätze sind ansonsten schön abwechslungsreich designt, und die netten und kurzen Kampfanimationen tragen gute Impulse zur Spieldichte bei.
Den dickeren technischen Pluspunkt erntet das Modul aber in puncto Sound und Musik. Dutzende Tracks und Musikstücke in hervorragender Qualität holen alles aus dem GBA heraus und sorgen für viel Abwechslung und die passende Atmosphäre. Als besonderen Gimmick gibt es sogar im Optionsmenü ein Musikzimmer, in dem man sich alle freigespielten Stücke revue durch die Ohren gehen lassen kann.
Keine Frage, Fire Emblem: The Sacred Stones ist ein erstklassiges Spiel, technisch und spielerisch überzeugend und ein Musterbeispiel für so manch andere Entwicklerteams, vor allem wenn ich mir so manche Module der letzten Zeit durch den Kopf gehen lasse. Natürlich kann man immer ein Haar in der Suppe, bzw. Kritik an einem Spiel finden. Hier könnte man nochmal die Textlastigkeit zitieren, die sicherlich im Grenzbereich liegt und nicht jedermanns Sache ist. Auch die Story, so spannend und vielfältig sie auch sein mag, ist manchmal doch sehr durch monarchistische und konservative Lobhudelei durchsetzt. Wen diese Marginalien aber nicht stören, bekommt ein ritterliches Spiel mit stundenlangem Spaß und tiefgreifender Story sowie fürstlicher Technik.
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Vielen Dank an die Firma Nintendo für die Bereitstellung des Testmusters.
Letzte Aktualisierung: 06.Dezember.2005 - 08:24 Uhr